Rückblick: jQuery Europe 2014

Es kommt nicht alle Tage vor, dass in Wien eine Konferenz mit dem Schwerpunkt Webentwicklung stattfindet. Mit der jQuery Europe hat sich nun aber auch in Wien ein Event angesiedelt, das den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Hier ein kleiner Rückblick der beiden Veranstaltungstage.

Tag Eins – Licht und Schatten

Zugegeben, nach dem ersten Tag war mein Fazit noch sehr durchwachsen und das Programm konnte mich nicht vollends überzeugen. Es gab aber doch ein paar erwähnenswerte Highlights:

Patrick H. Lauke begann fulminant mit seinem Vortrag „Getting touchy – an introduction to touch events“, in dem es um mobile Webentwicklung und die Herausforderungen und Problematiken mit Click+Touch-Events ging. Zum Glück präsentierte er gleich die schon geplanten Lösungen. Jetzt heißt es „nur“ noch auf die finale Spezifikation der PEWG und eine einheitliche Unterstützung von Pointer Events in allen Browsern zu warten *DOH!*.

An diesen gelungenen Start konnten leider nicht alle Folgeredner anschließen.

Erfreuliche Ausnahme war Peter Paul Koch mit seinem Vortrag „The mobile Viewport“ (PDF, 2,7MB), in dem er ausführlich darauf einging, wie und warum responsive Design überhaupt funktioniert. Die Herleitung des „Perfect meta viewport“ (sh. Code-Snippet) war jedenfalls sehr interessant:

Paul Bakaus Ausführungen zu „Frames per Second“ hatten zwar mit jQuery und Webentwicklung auf den ersten Blick sehr wenig zu tun, der Vortrag war aber sehr gut gemacht und gab einen guten Ein- und Überblick in die Geschichte der Bilddarstellung. Etwas mehr Bezug zur  Webentwicklung wäre nichtsdestotrotz wünschenswert gewesen.

Der zweite Tag – die Wiedergutmachung

Was der erste Tag zu wünschen übrig ließ, hat der zweite Tag bei weitem wieder wett gemacht. Hier ging es dann Schlag auf Schlag!

Den Reigen eröffnete Christian Heilmann mit seinem Vortrag „TE;DL – Too easy, didn’t learn“ in dem es darum ging, dass wir uns als Webentwickler in vielerlei Hinsicht glücklich schätzen können (sicherer Job, interessante Arbeit, gute Bezahlung, hohe Flexibilität etc.), es dann aber doch nicht immer sind. Ja warum denn eigentlich!?!

Eine wesentliche Erkenntnis dabei war, dass sich unser Glücksempfinden im Grunde genommen durch zwei einfache Faktoren beeinflussen lässt:

  • Anerkennung für die erbrachten Leistungen
  • Indentifikation mit der eigenen Arbeit

Wenn man will, kann der Vortrag also auch als ein Plädoyer für weniger „Fließband“-Effizient und mehr Spaß und Verantwortung in der Webentwicklung verstanden werden.

Tim Branyens Vortrag „Authoring JavaScript Projects“ brachte dann die Köpfe des Publikums zum ersten Mal so richtig zum Rauchen. Bei seinen Ausführungen über Build Prozesse, Best Practices und die mannigfaltigen Möglichkeiten, Entwicklungs-Workflows mit einfachen Mitteln zu verbessern, war wohl für alle etwas dabei.

Mit Doug Neiners „Is the Message Getting Through?“ war dem Publikum dann keine Verschnaufpause gegönnt. Er verstand es, die Notwendigkeit und Vorteile der „Separation of Concerns“ in kompakter und verständlicher Form an Hand eines konkreten Beispiels zur präsentieren. Die Konzepte „Publish and Subscribe“ (Observer Pattern) sowie der „Message Bus“ (sh. z.B. postal.js) sind jedenfalls Entwicklungen, die JavaScript wieder einen Schritt weiter gebracht haben.

Petro Salema war sicherlich die Überraschung des Tages. Bei seinem überhaupt ersten Vortrag vor einem großen Publikum konnte er mit „A Web Beyond Touch“ nicht nur mit seiner Präsentationstechnik überzeugen, auch die Thematik hätte spannender nicht sein können:

Wie bedienen wir in Zukunft unsere Applikationen?

Smart Watches, Wearables, etc. schaffen neue Herausforderungen und verlangen neue Lösungen abseits von Maus und Tastatur. An Hand einer prototypisch umgesetzten Sprachsteuerung für den Aloha Editor demonstrierte er dann auch einen der möglichen Lösungswege. Es stellte aber gleich klar, dass die Technik für diesen Ansatz noch(!) nicht so reif ist. Die Bedienung fühlt sich einfach noch nicht natürlich genug an.

Auch Sascha Wolter verstand es – einmal mehr, in seiner „spielerischen“ Art den thematischen Horizont der Konferenz zu erweitern. Und das ohne dabei den Fokus auf jQuery aus den Augen zu verlieren! Themen wie Datenschutz, (zukünftige) mobile Nutzungsszenarien und der Spaß mit bestehenden Mitteln Neues zu schaffen, werden uns zweifellos auch in der Webentwicklung in den kommenden Jahren beschäftigen. Ein Highlight war sicherlich die vom Publikum mittels SMS steuerbare „Bubble-Gun“. Bleibt zu hoffen, dass ihm seine Kinder auch in Zukunft genügend Material für kreative Ideen zur Verfügung stellen :-).

Im abschließenden Vortragsblock stieg dann endlich auch eine Frau auf das sonst so männlich dominierte Rednerpult: Und Man(n) muss sagen, Rachel Nabors hat gerockt. Ihr mittels HTML, CSS3 und jQuery umgesetztes Storyboard Alice in Videoland demonstrierte sehr ansehnlich, wie die Grenzen der zur Verfügung stehenden Technologien ausgelotet werden können. Sie schaffte es auch, die Wichtigkeit der im Talk von Paul Bakaus schon erwähnten „Frames per Second“ im Kontext einer Webumsetzung kurz und knackig zu demonstrieren.

Fazit

Manche mögen vielleicht bekritteln, dass nicht immer jQuery im Zentrum der Konferenz stand. Aus meiner Sicht ist aber gerade das begrüßenswert, da die Veranstaltung nur so als ganzheitliche Webentwicklungkonferenz verstanden werden kann. Ich kann dem Veranstaltungsteam also nur gratulieren, dass sie es geschafft haben, ein doch sehr spannendes und abwechslungsreiches Konferenzprogramm zu programmieren. Die Organisation war jedenfalls tadellos.

Schön, dass wir die jQuery Europe in Wien haben. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!

Links und abgefahrenes