Von 24. bis 25. September 2007 fand an der Johannes-Kepler-Universität in Linz das IKT-Forum für und mit Menschen mit Behinderungen statt. Das Programm war bunt gemischt und deckte mit bis zu vier parallelen Sessions ein breites Themenspektrum ab.
Schon nach den Eröffnungsreden von Behindertenanwalt Herbert Haupt und Ursi Kristen von der Beratungsstelle für Unterstützte Kommunikation (Ladenburg, DE) war klar, dass das Thema Barrierefreiheit in allen Bereichen sehr ernst genommen wird, aber auch, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt.
So mangelt es nicht nur in den Bereichen der IKT, sondern zB schon bei ganz alltäglichen Dingen wie dem Gesundheits- und Bildungswesen. Hier muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit Barrierefreiheit nicht als lästige Pflicht, sondern als Selbstverständlichkeit verstanden wird.
Neues vom World Wide Web Consortium (W3C)
Natürlich wurde auch über technische Themen diskutiert. Shadi Abou-Zahra vom W3C berichtete über den aktuellen Stand der WCAG 2.0 und war zuversichtlich, dass nach dem zweiten Last Call im vierten Quartal 2007, schon Anfang 2008 ein Release Candidate zur Verfügung stehen wird. Hoffen wir das Beste!
Er stellte auch die beiden Initiativen WAI-ARIA – für barrierefreie Webapplikationen und WAI-AGE – Barrierefreies Web und Senioren vor.
Bei der Vormittagssession am Dienstag stellte Shadi dann die wesentlichen Neuerungen des kommenden Standards WCAG 2.0 vor. Hier wurde deutlich klar, dass hier dringend notwendige Verbesserungen der bestehenden Standards vorgenommen wurden. Es bleibt also zu hoffen, dass der momentane Zeitplan eingehalten werden kann und die neuen Richtlinien bald zur Verfügung stehen.
Braucht Österreich ein Zertifikat für barrierefreie Websites?
Klaus Miesenberger von der JKU Linz stellte zuerst Bemühungen der EU und einzelner Mitgliedsländer vor, Zertifikate für barrierefreie Websites ins Leben zu rufen (zB EURACERT, AccessiWeb. Anysurfer, …), um dann die Frage in den Raum zu stellen ob Österreich, ähnlich wie Deutschland, ein eigenes Zertifikat für barrierefreie Websites benötigt.
In der folgenden Diskussion konnte diese Frage naturgemäß nicht beantwortet werden. Wie die Meldung eines Entwicklers aus Deutschland zeigte, hält sich bei unseren Nachbarn die Begeisterung für dieses Zertifikat in Grenzen, da das Gros der Kunden nicht bereit ist die damit einhergehenden Mehrkosten zu tragen.
Es stellt sich auch die Frage, ob es nicht prinzipiell sinnvoller wäre ein Zertifikat für barrierefreie Anbieter zu installieren, als die Kosten und den Aufwand auf einzelne Produkte und Angebote abzuwälzen. Somit hätte der Kunde schon bei der Auswahl des Dienstleisters die Möglichkeit sich von dessen Qualifikation zu überzeugen.
Sag es einfach!
Der zweite Tag startete mit einem oft vernachlässigten Thema: einfache Sprache! Birgit Peböck von der KI-I stellte die Grundsätze von Easy-to-Read und deren Umsetzung im Web vor. In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass es in Ermangelung an einer Ausbildung (zumindest in Österreich), einheitlichen Qualitätskriterien und Metriken zur Beurteilung der Ergebnisse für Auftraggeber fast unmöglich ist geeignete RedakteurInnen zu finden.
Recht hat er
Martin Ladstädter von Bizeps machte mit seinem Vortrag zu den rechtlichen Bestimmungen in Österreich klar, dass Barrierefreiheit vom Gesetzgeber sehr ernst genommen wird. Wie sein Bericht von diversen Schlichtungsverfahren zeigte, ist diese Information zu vielen – sowohl öffentlichen Institutionen als auch Unternehmen – noch immer nicht vorgedrungen ist. Schade eigentlich!
Weitere Beiträge die nicht unerwähnt bleiben sollten
Am Vormittag des ersten Tages demonstrierte Stephan Federsel vom KI-I in seinem Vortrag sehr anschaulichen an Hand von sehr einfachen Beispielformularen wie barrierefreies eGovernment auszusehen hat. Er wies auch darauf hin, dass eGovernment nicht bei Webapplikationen endet, sondern natürlich auch für andere Dokumentformate (zB PDF und Word) gilt.
Am Nachmittag gab Erich Pammer aus Sicht eines Pädagogen einen Überblick über das Web 2.0 und dessen Auswirkungen auf den Unterricht.
Im abschließenden Workshop des ersten Tages erklärten Claudia Fahrengruber und Mario Batusic von der JKU Linz beispielhaft wie Webseiten evaluiert und repariert werden können.
Am Dienstag in der ersten Nachmittagssession demonstrierten Claudia Fahrengruber (JKU Linz) bzw. Stefan Parker und Sonja Strohmaier (beide vom KI-I), dass die beiden Content Management Systeme Drupal und Typo3, zumindest mit etwas „Good-Will“, in der Lage sind Barrierefreie Websites zu erzeugen.
Klaus Höckner (STUPCONSULT) stellte seine Bemühung vor, Barrierefreiheit bei den UnternehmensberaterInnen als zusätzlichen Ausbildungsbestandteil zu integrieren. Dieser Ansatz ist ambitioniert, erscheint aber durchaus viel versprechend.
Andreas Lämmerhirt von der OCG stellte zum Abschluss das neue Modul Web Accessibility des OCG WebPublisher Zertifikates vor. Damit wird Barrierefreiheit ein integraler Bestandteil dieses Weiterbildungsangebotes.
Fazit
Im Rückblick muss man sagen, dass die Veranstaltung durchgehend gut organisiert war. Angefangen bei der Einhaltung des Zeitplans bis zur ausgezeichneten Verpflegung. Das Programm war sehr dicht und über weite Strecken interessant. Teilweise wäre etwas mehr Tiefe und mehr Raum zur Kommunikation wünschenswert gewesen.