„We can access globally“ und „Wirklich crazy aber genial“ waren nur zwei der Akronymauflösungen (Success Criteria 3.1.4) für WCAG, die beim ersten Accessibility Stammtisch in diesem Jahr zu Ehren der neuen Richtlinien gefunden wurden.
Mit wahrem Pfadfindergeist haben die TeilnehmerInnen am WCAG Quiz teilgenommen: sie haben „nerdige“ technische Fragen beantwortet und Erfolgskriterien als Pantomime vorgeführt: da wurden Infoblätter alle 10 Sekunden aus der Hand gerissen (SC 2.2.1) und Brotkrümel gestreut (SC 2.4.8). Und einer sprang gar in großer Mausangst auf einen Stuhl, um Tastaturbedienbarkeit zu demonstrieren (SC 2.1.1).
Die Antworten auf die Frage, „Was haben die WCAG mit dem militärischen Geheimdienst zu tun“, waren erwartungsgemäß ein wenig fies, aber das von der Jury mit 15 Punkten belohnte WCAG Maskottchen ist echt süß und aus einem Guss: ein mit einer Linie gezeichnetes, sehr zielstrebig wirkendes Schnecklein mit neugierig ausgestreckten Fühlern (SC 3.1.5).
Die von WIENFLUSS gestifteten „Are you accessible“ T-Shirts für die insgesamt beste Gruppe sind wohlverdient.
Accessibility versus Usability
Auch Wolfram Huber von web-tech sollte eines kriegen für den heldenhaften Versuch, seinen Vortrag 20 Dezibel lauter zu halten als die Lokalgeräusche im Neon, dem Ausweichlokal für die noch lärmigeren Brandauer’s Bierbögen (SC 1.4.7).
Interessant war er nämlich schon: Nach einer Einführung in Web Usability hat er Studienergebnisse seiner Diplomarbeit präsentiert.
Huber hat den Zusammenhang von Accessibility und Usability ernsthaft wissenschaftlich untersucht. Auf dem Gebiet gibt es noch erstaunlich wenig Forschungsergebnisse.
3 optisch ähnliche Websites mit unterschiedlichem Level an Barrierefreiheit wurden Usability Tests unterzogen, mit ProbandInnen ohne und mit Sinnesbehinderungen. Die Usability korrelierte signifikant mit dem Grad an Accessibility.
Der Mittelwert von Usabilityproblemen lag bei Testportal 1 (keine Rücksicht auf Barrierefreiheit) bei 82,70, bei Testportal 2 (WCAG 1.0 A) bei 62,73 und bei Testportal 3 (WCAG 1.0 AA) bei 42,47.
Es gab keine Unterschiede zwischen Probanden mit und ohne Behinderung, keine Unterschiede zwischen Viel- und Wenigsurfern. Nur ältere Testpersonen hatten generell etwas niedrigere Usability-Bewertungen.
Die Studie zeigt deutlich, dass Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit nicht getrennt betrachtet werden können. Die WCAG 2.0 tragen dem auch verstärkt Rechnung.
Fotos gibt es im accessiblemedia flickr Pool, von Eric Eggert sehr coole neonrosane.
Der Stammtisch ist nach wie vor auf der Suche nach dem ultimativen barrierefreien Triple-A Lokal, in dem sich ein Kurzvortrag über Accessibility und zwei Bier, die das ganze zugänglicher und lustiger machen würden, verbinden lassen. Hinweise sehr willkommen.