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Ein paar Screenreader AHAs – 2. Teil

Dieser Beitrag ist die Fortsetzung von „Ein paar Screenreader AHAs – 1. Teil“.

Wir testeten vor kurzem eine umfangreiche Website eines Ministeriums mit blinden Testpersonen, mit den Screenreadern JAWS und Virgo. Anhand von 5 Use Cases versuchten wir verschiedene für die Nutzung mit Screenreader interessante Bereiche abzudecken:

  • Orientierung auf der Startseite,
  • Suche nach einer bestimmten Detailinformation, die auf verschiedenen Wegen erreicht werden konnte,
  • Suche nach einer Veranstaltung, die Navigation in einer Datentabelle erforderte,
  • Ausfüllen eines Formulars mit verschiedensten Formularelementen und
  • Abspielen eines Webvideos.

Hier ein paar interessante Ergebnisse davon.
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Ein paar Screenreader AHAs – 1. Teil

Screenreader Optimierung ist eines der faszinierendsten Spezialgebiete im weiten Feld der Barrierefreiheit. Man kann sich hier sehr vertiefen und alle gängigen Screenreader für Windows in mehreren Versionen installieren: JAWS, Virgo, COBRA, WindowEyes. Es gibt von allen Demoversionen. Die Open Source Screen Reader NVDA für Windows, Orca für Linux und den integrierten Mac Screenreader nicht zu vergessen. Alle verhalten sich etwas unterschiedlich.

Man kann alle möglichen Tastenkombinationen lernen und die verschiedensten Konfigurationsmöglichkeiten ausprobieren…man kann zukunftsorientiert alle verfügbaren WAI-ARIA Implementierungen testen, die auch bereits dem kleineren Teil der blinden Internet NutzerInnen, die nicht mehr IE7 oder IE6 verwenden, theoretisch zur Verfügung stehen…

Und trotz all dieses Expertentums wird man als sehender Mensch eine Website nicht so wahrnehmen wie es ein blinder Mensch tut, auch nicht, wenn man den grafischen Browser und die Maus deaktiviert.

Ich jedenfalls kann weder mein visuelles Vorstellungsvermögen und webdesign-technisches Vorwissen abdrehen, noch die strukturelle Logik und die Bedienungskompetenz mit der komplexen Screenreader Software erreichen, die erfahrene blinde NutzerInnen haben.

Wenn man Websites mit blinden Testpersonen testet, hat man AHA-Erlebnisse, die vorgefasste Hausverstands-Annahmen und verfestigte Lehrmeinungen wieder über den Haufen werfen und im Endeffekt mehr bringen als die eigenen Testbemühungen. Wer Web Accessibility ernst meint, kommt nicht umhin darum, sich mit Screenreadern auszukennen, dieser Artikel ist trotzdem ein Plädoyer dafür, „echte“ NutzerInnen in die Webentwicklung miteinzubeziehen.
Ein paar Screenreader AHAs – 1. Teil weiterlesen

Screen Reader Umfrage

Von der WebAIM Screen Reader Umfrage zu Vorlieben und Schwierigkeiten in der Internetnutzung gibt es erste quantitative Ergebnisse.

Die Zusammenfassung der Daten bei WebAIM ist sehr übersichtlich, hier also nur ein paar Eckdaten.

  • Durchführungszeitraum: Dezember 2008- Jänner 2009
  • Auswertbare Fragebögen: 1121
  • 89,7% der TeilnehmerInnen nutzen Screen Reader ständig
  • 80,1% davon sind blind, 15,8% sehbehindert, 2,9% blind und taub
  • 58% bezeichnen sich als fortgeschrittene bzw. Experten NutzerInnen der Software,
    37% von denen, die Screen Reader immer nutzen, gaben an, Anfänger- bzw. mittlere Kenntnisse zu haben
  • 74% verwenden Jaws, 23% Window-Eyes, 8% den Open Source Screen Reader NVDA, 6% VoiceOver am Apple
  • 71,4% der blinden NutzerInnen passen die Screen Reader ziemlich / sehr an ihre Bedürfnisse an, während WebarbeiterInnen, die Screen Reader zu Testzwecken nutzen, dies kaum tun
  • 78% verwenden Desktop Computer, 54% Laptop, 12% Mobiltelefon
  • 33% IE6, 68% IE7, 39% Firefox, 6% Safari

Verhalten auf einer unbekannten Website

46% lesen sich durch die Home Page , 35% navigieren durch die Links, nur 13% verwenden die Suche

Generelle Vorlieben

  • 38% verwenden Skiplinks oft / immer wenn verfügbar,
    28% manchmal, 29% selten bis nie
  • 38% verwenden Access Keys oft / immer wenn verfügbar,
    19% selten, 29% selten bis nie
  • 76% nutzen Headings oft / immer, wenn verfügbar, Expertuser sogar zu 90,7%
  • 51% nutzen die Seitensuche oft / immer, wenn verfügbar,
    31% manchmal, 15% selten bis nie
  • 61% kommen zur Suche, indem sie das erste Formular, oder erste Formulareingabefeld anspringen
  • Bilder, die nur Stimmung transportieren, wollen 59% beschrieben haben im alt Text, 31% nicht
  • Ein Foto vom White House wollen 80% als „Foto vom White House“ identifiziert haben, nur 12% als „Das White House“

Generelle Schwierigkeiten

  • Pop-up Fenster finden 53% etwas bis sehr schwierig,
    43% nicht sehr bis gar nicht schwierig
  • 54% wissen nicht, wie sie typische Web 2.0 Angebote einschätzen sollen,
    16% finden sie nicht sehr zugänglich, 24% einigermaßen zugänglich
  • Sich wiederholende Links (z.B. mehr, in den Warenkorb…) finden 45% leicht bis sehr leicht, 44% finden sie etwas bis sehr schwierig
  • Flash finden nur 13% leicht
  • Frames sind für 58% eher bis sehr leicht,
    für 27% eher bis sehr schwierig
  • PDF ist für 44% eher bis sehr leicht,
    für 48% eher bis sehr schwierig

Fazit

Als Fazit kann man ziehen, dass Screen Reader NutzerInnen sich nicht über einen Kamm scheren lassen. Den typischen Screen Reader Nutzer gibt es nicht, es geht um Menschen, nicht nur um technische Machbarkeit.

Was versierten NutzerInnen keine großen Probleme bereitet, ist für weniger geübte äußerst schwierig (z.B. der Umgang mit PDFs, Pop-up Fenstern, sich wiederholenden Links oder Frames).
Was die einen schätzen, ist den anderen nicht so wichtig (z.B. Skip Links und deren genaue Bezeichnung, oder genaue Alternativtexte auch für inhaltlich nicht wichtige Bilder, Linkziel oder Bildinhalt oder beides als Alternativtext etc.).

Einigkeit herrscht beim Umgang mit Flash – er ist für 71,5% schwierig.
Headlines nutzen 76% oft oder immer, wenn sie verfügbar sind, um einen schnellen Überblick über Struktur und Inhalte einer Website zu bekommen.

Eine genauere Auswertung der Daten und Dokumentation des individuellen Feedbacks der TeilnehmerInnen an der Umfrage soll noch folgen.