Neuigkeiten vom W3C
Gleich vorweg: die wesentliche Neuigkeit wurde von Shawn Henry (Web Accessibility Initiative) bei ihrem Panel auf der diesjährigen SXSW interactive in Austin, Texas angekündigt: es wird noch im April oder Mai 2008 eine „Candidate Recommendation“ der Web Content Accessibility Guidelines 2.0 (WCAG 2.0) geben. Man kann das als eine Art Release Candidate ansehen. Also eine Version die mit der Endversion zumindest in weiten Teilen ident sein wird. Sie wird nun auf ihre Praxistauglichkeit geprüft und wenn alles gut geht, können wir noch heuer mit den offiziellen Richtlinien rechnen. Ein Moment auf den wir seit langem warten.
Shawn hat auch im persönlichen Gespräch versichert, dass Klarstellungen bezüglich der Frage „Accessibility supported technologies“ erwartet werden können. So wie es nun aussieht wäre es im Widerspruch zu früheren Ankündigungen durchaus denkbar, dass eine Liste solcher Technologien vom W3C veröffentlicht wird.
Eine Antwort auf die etwa 200 eingebrachten Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge für den Letztentwurf der WCAG 2.0 – darunter auch jene, die von uns eingebracht wurden – ist in Kürze zu erwarten. Wir werden berichten.
Zugängliche Webapplikationen werden realistisch
Mit der in Kürze bevorstehenden Veröffentlichung von Firefox 3.0 und Internet Explorer 8 rücken „Accessible Rich Internet Applications (ARIA)“ in den Bereich des möglichen. Beide Browser sollen die entsprechenden Richtlinien WAI-ARIA (derzeit noch in der Entwurfsphase) bereits implementiert haben. Wir werden sehen inwiefern die Implementierungen bereits praxistauglich sind.
Kurz zusammengefasst bietet WAI-ARIA Unterstützung für zugängliches AJAX, die Fokussierbarkeit von jedem beliebigen HTML-Element und die Möglichkeit gewissen Elementen einer Webseite Rollen und Zustände zuzuordnen. Auf diese Weise kann man neue, bisher in HTML nicht vorhandene Benutzerinfaceelemente nicht nur visuell, sondern auch semantisch nachbauen.
Becky Gibson, bei IBM für die Zugänglichkeit des DoJo Toolkits verantwortlich, hat in einigen prototypischen Anwendungen aufgezeigt, dass man zumindest in Firefox und Opera bereits heute barrierefreie Webapplikationen bauen kann. DoJo bietet dafür umfangreiche Unterstützung:
- WAI-ARIA Unterstützung,
- volle Tastaturunterstützung,
- Screenreaderunterstützung,
- Unterstützung für den Hochkontrastmodus,
- Volle Funktionalität auch ohne Bilder.
DoJo ist damit die erste der so beliebten javascript-basierten Benutzerinterface-Libraries, die diese Unterstützung bietet.
Benutzer sind wichtiger als Standards
Sowohl Shawn Henry als auch Derek Featherstone haben ihre Präsentationen unter das Motto gestellt: zuerst verstehen wie Menschen mit Behinderungen das Web benutzen, und erst dann mit den Richtlinien (WCAG) beschäftigen. Shawn betont, dass Leute die sich nur an den technischen Richtlinien orientieren Fehler machen, die eine Website rasch unbenutzbar machen können. Ein Punkt der nicht genug unterstrichen werden kann.
Derek ergänzt noch: auch wenn man selbst mit einem Screenreader testet, kann das nie die Erfahrung ersetzen, blinden Menschen beim Surfen mit dem Screenreader über die Schulter zu schauen.
Darüber hinaus warnt Derek davor, die
Eine weitere Empfehlungen von ihm: Maßnahmen die gut für die Barrierefreiheit einer Seite sind, werden nicht besser wenn man sie übertreibt. Beispielsweise führt die übermäßige Verwendung von Überschriften zu abnehmender statt gesteigerter Übersichtlicht. Vor lauter Überschriften erkennt man nicht mehr, welche wirklich eine wesentlich Struktur für die Seite vorgeben. Das selbe gilt im übrigen für Sprungmarken: ein oder zwei Sprungmarken am Seitenanfang beschleunigen den Umgang für TastaturbenutzerInnen, zu viele davon machen die Sache nur komplizierter.